Station 11 – Die Evangelische Kirche

Zwischen dem riesigen Burgfels und der Wörnitz reiht sich stadtauswärts in der Donauwörther Straße ein  Haus ans andere. Zwischen den größtenteils aus dem späten Mittelalter stammenden Häusern gab und gibt es nur Raum für kleine Gässchen und Gärten.

Mit der herrschenden Raumnot hatten auch die Baumeister zu tun, die anfangs des 17. Jahrhunderts mit dem Bau der evangelischen Kirche befasst waren. Bis dahin war die Schlosskirche auch Marktkirche. Der wöchentliche Weg hinauf zum Gottesdienst in der Burg war den Bürgern schon lange lästig. Wohin also die neue Kirche, für die sie schon lange Jahre kämpften? Der Platz, auf dem die kleine St.-Barbara-Kapelle aus dem 15. Jahrhundert stand, war viel zu klein. Da kein anderer Grund zur Verfügung stand, überbauten die cleveren Baumeister einfach den neben der Kapelle vorbeiführenden ehemaligen Hochwasserweg. Der „Am Bogen“ benannte Weg führt heute genau unter dem Altarraum der Kirche hindurch. Da für den Kirchturm kein ebener Platz zur Verfügung stand, wurde er regelrecht an den Burgfels geklebt.

Die katholischen Bauern aus dem benachbarten Ronheim und den östlich der Wörnitz gelegenen Höfen, beteiligten sich aktiv an den Transportarbeiten zum Bau der Sankt Barbara Kirche. Sehr zum Leidwesen des katholischen Kaisheimer Abtes. Erst die Bestätigung der Bauern, dass sie nicht zur Mitarbeit gezwungen worden waren, besänftige die Kaisheimer.

Um die immensen Kosten der Renovierung ein Jahrhundert später aufzufangen, „verkaufte“ die Kirche die Stühle und damit die Sitzplätze an interessierte Bürger. Der Preis hierfür richtete sich danach, in welcher Reihe der Stuhl stand. Geschaffen wurden je zwei Reihen zu je 8 „Weiberstühlen“ und 8 „Männerstühlen“. Noch bis nach dem 2. Weltkrieg war es üblich, dass die Frauen links, die Männer rechts vor dem Altar saßen.  Bei einer größeren Baumaßnahme 1947 wurde der Innenraum der Kirche in der jetzigen Form gestaltet, die Wandmalerei auf der Empore wurde 1988/1989 entdeckt.

Unmittelbar an der Kirche hinter einer Mauer liegt versteckt ein kleiner, unscheinbarer Garten, genannt das „Kirchhöfle“. Es war früher tatsächlich ein kleiner Friedhof, und zwar für sogenannte „privilegierte“ Bürger wie Amtspersonen, Adelige usw. Nach der Schlacht auf dem Schellenberg in Donauwörth 1704 fanden mehrere englische Offiziere ihre letzte Ruhestätte auf dem kleinen Friedhof. Es wird vermutet, dass die Gefallenen wegen ihres anderen Glaubens nicht auf dem Donauwörther katholischen Begräbnisplatz bestattet wurden. In der von 1495 ersten Harburger Gemeindeordnung steht, dass das Kirchhöfle auch eine „Freyung“  - also eine Freistatt sei. Das bedeutete, dass es für Verfolgte, und auch für Verbrecher, vorübergehend ein sicherer Zufluchtsort war.