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Station 9 – Von Mauern und Schicksalen

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts stand wie an allen Zufahrtstraßen auch in der Nördlinger Straße ein Stadttor.  Die Metallkonstruktion markiert das genannte „Nördlinger-“ oder „Tiefe Tor“.  Der gesamte Verkehr führte bis zum Bau des Tunnels durch die winkligen, engen Straße Harburgs.

In Harburg gab es nie eine wirkliche Wehrmauer. Die einzige Schutzmauer ging, ausgehend vom ehemaligen Vesttor in der Schlossstraße hinauf zu dem auf einem Felsen stehenden Häuschen, einem früheren Wachturm.  Von dort verlief sie zwischen den Häusern durch und endete am Nördlinger Tor. Später wurde diese Mauer teilweise in die Friedhofsmauer integriert.

In der Wohnung des Stadttores endete ca.1780 das schicksalhafte Leben des einzige zum christlichen Glauben übergetreten ehemaligen Juden:  Der junge Mann kam aus dem Württembergischen nach Harburg, hatte eine gründliche Erziehung genossen und sprach fließend hebräisch. Er heiratete hier und verdiente seinen Lebensunterhalt zunächst als Lehrer und, nachdem er diese Anstellung verloren hatte, als Händler. Nach Diskussionen mit seinen Glaubensbrüdern erklärte er, dass er Christ werden wolle. Er ließ sich taufen und nahm den Namen „Harburger“ an. Nachdem er schließlich nach großen Schwierigkeiten die Scheidung von seiner jüdischen Frau erreicht und eine Christin geheiratet hatte, ging es mit dem ehemaligen Juden nur noch bergab. In der jüdischen Gemeinde konnte er sich nicht mehr blicken lassen, mit dem, was der Handel mit den Christen abwarf, konnte er nicht einmal seine Miete im „Tiefen Tor“ bezahlen. Die Gemeinde musste für den Hauszins aufkommen. Er starb verarmt und einsam im Alter von 56 Jahren.