Station 6 – Rund um den Marktplatz

Das imposante Harburger Rathaus wurde 1973 grundlegend renoviert. Die Eingemeindungen ab 1971 hatten eine Vergrößerung der Verwaltung zur Folge und einen Anbau nötig gemacht.

Das Gebäude wurde von den Oettinger Grafen erbaut und dem „Rath und der „gemainen Bürgerschaft“ zur Verfügung gestellt. Bis 1570 lässt sich die Existenz zurückverfolgen, der Bau erfolgte jedoch mindestens 100 Jahre früher.  Im Gebäude untergebracht waren außer der Ratsstube für Versammlungen, Räume für Wahlen und „Rechnungsabhörungen“ usw. Im Erdgeschoß in der Schranne hatten Kürschner, Lodner, Schuster usw. die Möglichkeit, ihre Waren zu verkaufen. Auf dem Dach hängt noch heute in einem Türmchen die sogenannte Blutglocke, die geläutet wurde, wenn ein zum Tode Verurteilter an den Pranger gestellt und zur Richtstätte geführt wurde. Im Keller befand sich u.a. das „Narrenhäuslein“ - also das Gefängnis - sowie Räumlichkeiten zur Aufbewahrung „schicklicher“ Instrumente für Exekutionen. Die letzte Hinrichtung fand am 16. Dezember 1809 statt.

Die Geschichte der auf dem Marktplatz abgehaltenen Jahr- und Wochenmärkte reicht bis weit vor den 30jährigen Krieg zurück. Nach dem Krieg wurden sie wieder eingeführt. Ob sie danach regelmäßig stattfanden lässt sich nicht mehr sagen. Die Wochenmärkte wurden jedenfalls bald wieder abgeschafft. Ein Jahrmarkt im Herbst findet auch heute noch statt. Dazu hat sich ein Weihnachtsmarkt im Egelsee fest etabliert.

Ab Anfang des 19. Jhrd. gab es in Harburg jährlich 6 Viehmärkte, die eine Zeitlang nicht nur von Händler aus dem Umkreis, sondern auch aus Donauwörth Nördlingen, Rain, Wemding und Wertingen sehr gut besucht waren. Marktort war das Egelsee. Ab 1850 gab es keinen Markt für Großvieh mehr, ein Schweinemarkt wurde noch bis 1988 mit mäßigem Zulauf abgehalten.

1880 bezeichnete ein Gründungsmitglied des Verschönerungsvereins Harburg den damaligen althergebrachten Brunnen als „alten, wackligen Bretterkasten“, „der auf jeden Vorübergehenden einen ungünstigen Eindruck hinterlasse“. Das war der Anstoß für den Verein einen neuen Brunnen zu planen. 1893 schmückte tatsächlich ein neuer Brunnen, ein „Monumentalbrunnen!“ wie er genannt wurde den Marktplatz.  Bis zum Bau der Wasserleitung 1930 war dieser Brunnen einer von 10 weiteren Schöpfbrunnen, aus denen die Bevölkerung ihr tägliches Brauchwasser entnahmen. Die Brunnen waren der tägliche Treffpunkt der Hausfrauen und Mägde, wo ausgiebig „geratscht“ und über die Nachbarn hergezogen wurde: „Hosch scho g´hert, d`Wangamüllere kriagt scho widr a Ked?“

Beim Bau des „Monumentalbrunnens“ dachte man nicht an den zunehmenden Verkehr: 1928 krachte ein von der Nördlinger Straße herabkommendes Pferdefuhrwerk gegen den Brunnen und beschädigte ihn derartig, dass er abgetragen werden musste.

Als bei Bauarbeiten 1982 die alte Brunnenstube wieder entdeckt wurde, baute man zur Freude der Einheimischen und Besucher den neuen Brunnen mit seinen filigranen Darstellungen aus Harburgs Vergangenheit. Die Geschichte wiederholte sich: erst vor wenigen Jahren wurde der Brunnen durch einen riesigen Lastzug, der die enge Altstadt trotz Sperrung passieren wollte, derart beschädigt, dass er von Grund auf saniert werden musste.  Seit 2020 ziert er wieder den Marktplatz.

Harburg war nie Kriegsschauplatz, hatte aber unter allen Kriegen fürchterlich zu leiden.

Arg schlimm war es während des 30jährigen Krieges. Viele Bewohner der umliegenden Orte hatten innerhalb der Stadttore Schutz gesucht. Hungersnot und unvorstellbare hygienische Verhältnisse führten nach der Schlacht bei Nördlingen 1634 zu einer schrecklichen Katastrophe: Annähernd die Hälfte der Bewohner fanden den Tod durch Krieg und Pest. Von ehemals 130 Häusern waren nach dem Krieg noch 34 bewohnbar, viele der überlebenden Bewohner sahen in Harburg keine Zukunft mehr und verließen den Ort.

Graf Albrecht zu Oettingen hatte eine Idee: Um die Bevölkerungslücke zu schließen, Handel und Gewerbe zu beleben und die Häuserruinen wieder aufzubauen, gestattete er 1671 fünf Judenfamilien, die aus dem Pfalz-Neuburgischen ausgewiesen wurden, sich gegen ein Schutzgeld und verschiedene weitere Auflagen in Harburg niederzulassen. 

Im gleichen Jahr erwarben die neuen Einwohner das erste Haus, und zwar das hellgraue links neben dem Café.  Hier richteten sie auch den ersten Gebetsraum ein. Nach und nach nahmen weitere Juden in Harburg ihren Wohnsitz

Die folgenden 250 Jahre prägten die jüdischen Bewohner nachhaltig das Geschehen in Harburg.

 

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